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Die Suche


Ein merkwürdiges Gefühl, wenn man nach etlichen Jahren, die man gemeinsam verbracht hat, plötzlich alleine aufwacht. Alleine isst. Alleine wieder in Bett geht. Und die Zeit dazwischen muss ich jetzt erstmal füllen. Ich stelle fest, dass die Trennung nicht nur die die Trennung ist. Sie ist eine Konfrontation mit mir selbst. Oft stelle ich mir die Frage: Wer bin ich denn überhaupt. Ich drehe diese Worte so lange in meinen Kopf hin und her, bis sie irgendwann gar keinen Sinn mehr ergeben. Dann kommt dazu: Was will ich? Und auch dazu fällt mir plötzlich so überhaupt nichts mehr ein. Denn ich merke, dass mit der Person, die ich weggeschickt habe auch ein großer Teil von mir gegangen ist. Und ich spüre der Leere nach, höre das Echo nicht mehr, weil es sich nirgens brechen kann. Bin ich fähig, mein Leben weiterzuführen ohne diesen Menschen, den mein Herz immer noch liebt und dann auch wieder nicht, weil ich auf einmal in der langen Zeit vergesssen habe, wo ich eigentlich selber bin. Und erst jetzt, wo er nicht mehr da ist, merke ich, wie oft ich mich anpasse, versuche anderen zu gefallen und mich selber verfluche. Wie ich mich sträube gegen die Liebe zu mir selbst. Eine kleine stille Panik bricht manchmal in mir aus. Schwillt an zu einem Orkan der Stille, den ich nicht einmal richtig greifen kann. Denn einen Grund finde ich für diese Angst nicht. Ratlos sehe ich meine Hände an und flüstere mir zu: du bist noch da. Und versuche das zu glauben, was ich da sehe.

Und jetzt stelle ich mir ganz konkret die Frage: Was vermisse ich an Willi? Was sehne ich zurück? Welchen Zustand will ich jetzt zurück?

Ich vermisse deine Stimme, deinen leichten Akzent nach Allgäu und deine braunen Augen die mich machmal so voller Liebe angeschaut haben, Ich vermisse deine warme Brust auf die ich mich gekuschelt habe bevor ich eingeschlafen bin. Ich vermisse deine Hand die ich jederzeit nehmen konnte, egal ob wir in der Stadt waren, auf der Couch gesessen sind oder im Kino, Ich vermisse es mit dir zu tanzen so wie nur wir es konnten, wie ich es nie bei einem anderen Paar gesehen habe. Und ich vermisse es mit dir zu streiten, mich fürchterlich aufzuregen über dich und dich anzuschreien: Sag doch mal was dazu, dann war ich rauchen und es tat mir leid. Unsere Probleme haben wir dann immer irgendwie gelöst oder auch nicht. Oft haben wir sie wohl begraben. Und ich vermisse dich, weil ich wusste, dass ich bei dir sicher aufgehoben bin, dass du mich mehr liebst als ich mich selbser lieben kann. Und vielleicht war genau das der Grund für mich, dich wegzuschicken. Ich habe nicht ertragen, dass du mich so liebst, wie ich es nicht kann.

Ich sehne mich zurück in die Geborgenheit deiner Arme. Aber ich sehne mich nicht zurück in die Aussichtslosigkeit einer Beziehung, die unabsehbar immer so weitergeht wie sie eben läuft. Ich sehne mich so stark nach Veränderung, nach Neuem, dass ich Gewohntes nicht ertrage. Ich will nicht sagen: Das ist für immer. Und doch hast du daran geglaubt. Ich sehne mich zurück nach einem Menschen, nach dir, der da ist wenn ich nach Hause komme. Doch ich habe es nicht geschafft auch mal mit mir alleine zu sein. Ich brauche die Leere um sie zu füllen mit meinen Sachen, doch jetzt sitze ich hier und weiß gar nicht mehr was ich mit "meine Sachen" denn eigentlich gemeint habe. Ich habe mich Hals über Kopf in die Schule gestürzt. Ich gehe jeden Abend ins Abendgymnasium und wundere mich ein bisschen, was für verschiedene, lustige, komische Menschen da noch so abhängen. Und ich schaue mir die Sache an und denke: Fucking vier Jahre. Und das fünf Tage pro Woche. Aber andererseits? Dann sitze ich da eben und schau es mir mal an. Vielleicht finde ich mich eines Tages doch noch und sage - Hey Anna, eigentlich bist du voll OK so wie du bist. Und jetzt meine letzte Frage: Welchen Zustand will ich jetzt zurück? Ich denke ich sollte mal anfangen, nicht an Zurück oder Weiter zu denken. Sondern einfach mal entspannt da sein.

18.09.2018.

Single seit 18.07.2018.

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