top of page

Klau die Bestellung? Nenn’s ,Gourmet-Roulette‘


Wenn sich eine Reihe freier Tage dem Ende entgegenneigt und der Kühlschrank bis auf eine verschrumpelte Gurke leer ist, wächst die Verführung, Essen zu bestellen, ins Unermessliche. Gute Bekannte von mir – ich habe unten genannte Protagonisten alle persönlich getroffen – erleben am Tag nach Halloween eine bizarre Geschichte. Und alles nur wegen Faulheit – ach was rede ich: Dem Laster der Völlerei sind sie erlegen. Mal wieder. Und aus verständlichen Gründen möchten sie hier anonym bleiben.

 

Eine gelungene Party ist dem heutigen Tag vorangegangen. Clubrotation in Münchner Clubs – selbstverständlich gruselig und bis zur Unkenntlichkeit verkleidet. Der verkaterte Feiertag neigt sich dem Ende entgegen und kurzerhand beschließt unser hier anonymes Pärchen Essen zu bestellen. Doch ich will der Pointe nicht schon jetzt vorweggreifen.

Wir beginnen unsere Geschichte also in einem blau-weiß foliierten Auto, einem BMW. Zwei Hüter der Ordnung auf Münchens Straßen sitzen in dem mobilen Arbeitsplatz und haben Hunger. Essen bestellen? Ja gerne, Kantine gibt es nicht, auch keine gesetzliche Mittagspause. So will es das Gesetz des Schichtdienstes. Schnell zum Edel-Inder ums Eck, er bietet einen schnellen Service für nachaktiv Arbeitende. Heute wird es was Besonders, zur Feier des Feiertages bitte einmal die Garnelen in Buttertomatensoße und dazu Nan. Der Inder nimmt die Bestellung auf, sehr kompetent und in der gewohnten Pünktlichkeit steht zwanzig Minuten später das Essen bereit. Und wird abgeholt.

Der foliierte Wagen parkt vorm Inder, Personen betreten das Restaurant, andere verweilen und zwei junge Menschen verlassen den Laden mit einem so glücklichen Gesicht wie das nur Menschen mit einer Tasche voll frisch duftendem Essen haben.

 

Das Wasser läuft dem Mann in Uniform im Mund zusammen,

er eilt die Treppe hinunter in die gemütlich im Keller eingerichtete Gaststätte.

 

An der Theke wartet er, es steht kein Essen bereit. Er wartet also, studiert die Speisekarte, die er aus langjähriger Erfahrung schon gut kennt. Ein Inder kommt dazu. Die Bestellung bitte? Ungewöhnlich, dass der Stammgast nicht vorab angerufen hat. Doch - hat er. Behauptet er. Die Garnelen und dazu Nan. Zweimal. Achso, DIE Bestellung? Ja die hat er aufgenommen und vor einer Minute verkauft.

Der Inder denkt nach, frägt seine Kollegen. Ein emsiger Kellner kommt dazu. Ja die Bestellung hat er ausgegeben, nach einer telefonischen Order - pünktlich wie die Uhr und ein fettes Trinkgeld, alles in Bar. Die Telefonnummer, von der aus bestellt wurde, gehört dem Mann, der nun vergeblich auf sein Essen wartet. Ermittlungen würden hier wohl im Sande verlaufen, so viel ist dem Mann der beruflich genügend Erfahrung in diesem bereich hat klar.

Aber halt, die zwei waren doch gerade noch da, die Tür ist kaum hinter ihnen ins Schloss gefallen, einen kleinen Hund hatten sie auch dabei. Der Inder, der Kellner und der Hungrige eilen nach oben, doch die Straße leergefegt wie typisch an einem freien Tag, dem ein Werktag folgt. Ratlos sehen sich die Drei an. Nehmen die Bestellung noch einmal auf und bitten den Geprellten Platz zu nehmen. Einen Kaffee vielleicht in der Wartezeit?

 

Wir kommen – man ahnt es fast – wieder zu dem verkaterten Pärchen vom Anfang der Geschichte.

 

Sie sind mit dem Auto in der Stadt und überlegen, auf dem Weg nachhause Essen mitzunehmen. Gegoogelt ist der Name des auserwählten indischen Restaurants gleich, der Anruf baut sich auf. Die Bestellung: Zweimal Paneer in Buttertomatensoße, dazu Nan. Die zwei klatschen ab, der Hund im Auto Fond jault glücklich, wird schon auch was für ihn abfallen. Zwanzig Minuten später holen sie das gerade zubereitetet Essen ab. Checken die Bestellung, zahlen und verlassen den Inder, voller Vorfreude.

 

Indisch auf Netflix? Gourmetplan.

 

Vor dem Restaurant wartet ein in den Farben der Exekutive bemalter Wagen, unser Pärchen grinst sich an. Häufig treffen sie hier auf Hüter der Ordnung, ist halt auch einfach einer der besten Inder der Stadt. Schnell nach Hause, essen und chillen. Als sie das Essen auspacken und anfangen zu mampfen stellen unsere vegetarischen Freunde überrascht fest, dass statt Käse Garnelen in der cremigen Soße schwimmen. Hm, merkwürdig, wahrscheinlich am Telefon falsch verstanden. Aber wegwerfen? Nein, beschließen sie, das ist ja wohl nicht im Sinne eines Vegetariers, dem es um ein ökologisches Gleichgewicht geht. Na dann, der liebe Hund wedelt, bekommst du heute was ganz besonderes. Eine Ausnahme im Haushalt der Pflanzenfresser und ganz im Sinne des Vierbeiners. Die Zweibeiner motzen verhalten, doch der Hunger ist groß, das Gericht ist das Teuerste auf der Speiskarte und man gönnt sich ja sonst nichts …

Das Handy klingelt. Eine österreichische Nummer? Merkwürdig, aber nach dem Aufenthalt in Wien am Tag vor Gestern, kommt der Gedanke auf, dass sie vielleicht im Hotel etwas vergessen haben. Ja bitte? Hier ist *ein indisches Restaurant*, wollen Sie Ihre Bestellung abholen? - (Die Namensanalogie zum Münchner Ambivalent fällt sofort auf). Nach eifrigem Hin und Her wird klar: Der gleichnamige Inder sitzt in Österreich.

 

Ein Nachliefern wird in gegenwärtigen Zeiten fehlender Teleporter

und noch unmöglichem „Verbeamen“ von Essen schwierig.

 

Schade um das im Nachbarland bestellte Essen, hoffentlich hat sich ein österreichisches Pärchen gefunden, das fälschlicherweise in München angerufen hat. Wäre das ausgleichende Gerechtigkeit?

Was ich weiß ist jedenfalls ist, dass der faule Feiertagabend dem Hund der beiden Schnorrern nicht nur feinste Gourmetgarnelen sondern den Beiden Dieben auch Muskelkater eingebracht hat: Da, in dem Bereich wo der Zygomaticus sitzt. Denn glaubt man diversen Thesen ist Lachen ja Hochleistungssport, der bis zu dreihundert verschiedene Muskeln benötigt um so richtig zu schallen.

 

Kontakticon

Ähnliche Idee für einen Artikel? Schreib uns deine Meinung in Worten, in Bildern oder in Tönen.

 

  • Instagram
  • Twitter
  • Facebook
bottom of page